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Zugangserschwerungsgesetz: Plant die FDP eine halbe Kehrtwende?

Wir hatten an dieser Stelle (siehe hier) bereits gemutmaßt, dass in der Koalition hinter den Kulissen eine Auseinandersetzung zum Umgang mit dem Zugangserschwerungsgesetz geführt wird. Bekanntlich wurde das Gesetz bislang vom Bundespräsidenten nicht ausgefertigt. Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bestätigte nun in einem Interview mit dem Spiegel (Nr. 2/11.1.10) diesen Konflikt. Wird die Printversion des Interviews herangezogen – von Spiegel Online liegt bislang nur eine redaktionelle Zusammenfassung vor –, sticht hervor, dass die Justizministerin nur noch einen von zwei Fällen: der Bundespräsident unterschreibt – der Bundespräsident unterschreibt nicht, behandelt:

SPIEGEL: Auch das Gesetz über die Internetsperren in Sachen Kinderpornografie haben Sie aus der Opposition heraus bekämpft. Im Koalitionsvertrag haben Sie sich mit der Union auf den seltsamen Kompromiss geeinigt, es ein Jahr nicht anzuwenden. Der Bundespräsident hat es bislang nicht unterschrieben und fordert Erläuterungen. Was antworten Sie ihm?

Leutheusser-Schnarrenberger: Wir haben als Bundesregierung noch keine gemeinsame Stellungnahme abgegeben.

SPIEGEL: Weil Sie keinen gemeinsamen Nenner finden?

Leutheusser-Schnarrenberger: Es gibt unterschiedliche Bewertungen und Einschätzungen. Die FDP war immer sehr, sehr kritisch gegenüber Internetsperren. Die Große Koalition hat dieses Gesetz ja noch in den letzten Wochen auf den Weg gebracht. Von daher ist klar, dass da jetzt unterschiedliche Vorstellungen aufeinanderprallen.

SPIEGEL: Das heißt, Sie würden es begrüßen, wenn der Bundespräsident nicht unterschreibt?

Leutheusser-Schnarrenberger: Es ist seine eigene Prüfungskompetenz. Da hat die Bundesregierung ihm keine eigene Empfehlung zu geben. Von daher bietet einfach der Respekt, sich zurückzuhalten. Aber wenn das Gesetz nicht in Kraft tritt, machen wir genau eines: Dann sorgen wir dafür, dass diese Inhalte gelöscht werden. Das ist allemal effektiver, als zu versuchen, als sie durch leicht umgehbare Sperren nur zu verstecken.

Im Koalitionsvertrag wurde festgehalten, das Zugangserschwerungsgesetz auszusetzen. Diese Vereinbarung ist unabhängig von der konkreten Entscheidung des Bundespräsidenten. (Siehe dazu auch hier.) Handelt es sich also um eine Nachlässigkeit der Justizministerin in der Formulierung oder plant die FDP jetzt eine halbe Kehrtwende und will dem getroffenen Vorsatz Löschen statt Sperren nur dann nachgehen, wenn der Bundespräsident nicht unterschreibt? Und: Gebietet es der „Respekt“ vor dem Präsidenten nicht auch, eine Regelung zur Aussetzung vorzusehen im Falle, er unterschriebe?

Ein Kommentar zu “Zugangserschwerungsgesetz: Plant die FDP eine halbe Kehrtwende?”

  1. […] an die Stelle des auch in der schwarz-gelben Regierungskoalition stark umstrittenen (wir berichteten) […]