DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Archiv für April 2010

Lex Google Street View ist angelaufen

Vor einigen Tagen ging die Ankündigung des Hamburger Justizsenators Till Steffen durchs Netz, eine Änderung des Bundestageschutzgesetzes (BDSG) bezüglich des Fotografierens und Abfilmens von Häusern und Straßen initiieren zu wollen. Nun liegt der Gesetzesantrag (PDF) an den Bundesrat vor. Auf Nachfrage bestätigte der Bundesrat, dass dieser Antrag bereits in der nächsten Woche Freitag auf der Tagesordnung stehen wird. > Weiterlesen

Raubkopien: Massenarbeitslosigkeit dank Pirate-Bay?

Gestern machte die Lobbygruppe Bundesverband Musikindustrie die Studie „Aufbau einer digitalen Wirtschaft: Die Bedeutung der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft der europäischen Union“ zugänglich, die zu alarmierenden Ergebnissen gekommen sein will: Das Pariser Consulting Unternehmen TERA hat „errechnet“, dass die geschätzten 10 Mrd. Umsatzeinbußen, die im Jahr 2008 von digitalen Raubkopien verursacht worden wären, bei geschätzter durchschnittlicher Beschäftigtenproduktivität von 169.000€ EU-weit 186.400 Entlassungen bedeute (S.6).

Wer einen Taschenrechner zur Hand hat, möge diese Milchmädchenrechnung einmal überprüfen: Einbußen geteilt durch Produktivität = Vermeintliche Entlassungen auf Grund von Urheberrechtsverletzungen (S. 84). > Weiterlesen

Hinter den Kulissen des Deutschen Computerspielpreises

Heute wird in Berlin zum zweiten Mal der mit 500.000 Euro dotierte Deutsche Computerspielpreis verliehen. Dieser wurde im Februar 2008 im Bundestag (BT-Drs. 16/7116) von CDU/CSU und SPD aus der Taufe gehoben. Ziel ist die Förderung des Wirtschaftsstandorts Deutschland in dem Bereich Games und – natürlich – die Förderung kulturell und pädagogisch wertvoller Spiele. Ein Problem war schon seinerzeit, dass eine große Zahl digitaler Spiele Gewalt beinhaltet. Daher bediente man sich eines nicht ungeschickten Schachzuges: Um die insbesondere bayerischen „Killerspiele“-Kritiker zu beruhigen, wurde die erste Preisverleihung nach München vergeben. Das wurde dort allerdings nicht sonderlich honoriert und Ministerpräsident Horst Seehofer blieb der Preisverleihung fern.

Der Preis wird je zur Hälfte vom Bundestag und von der Industrie finanziert. > Weiterlesen

Die Ängste des Bürgertums: Hamburgs Justizsenator fordert eine Lex Google Street View

Der grüne Hamburger Justizsenator Till Steffen fordert „gesetzlich bindende“ Regeln zum Abfilmen von Häusern und Straßen. In einer Pressemitteilung der Justizbehörde hieß es gestern, dass Hamburg eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes starten wolle, um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Google Street View und andere private Anbieter zu unterbinden. Demnach sind Gesichter und KFZ-Kennzeichen in Abbildungen unkenntlich zu machen, sind die nicht-anonymisierten Rohdaten innerhalb eines Monats zu löschen, müssen Aufnahmen vorab angekündigt werden und haben abgebildete Personen wahlweise auch ein Recht darauf, dass auch die gesamte Statur und Kleidung unkenntlich gemacht wird oder ihre Bilder vollständig entfernt werden.

Pikant am Forderungskatalog ist, > Weiterlesen

Lebensmittelkontollöre im Internet

Bereits letzte Woche hatte Bundesinnenminister Thomas de Mazière im Videochat von tagesschau.de (ab Minute 25) für „Löschen und Sperren“ plädiert und damit die im Koalitionsvertrag vereinbarte Position „Löschen statt Sperren“ ad acta gelegt. Heute hat de Mazière in einem Interview mit der Taz – Titel „Keine No-go-Area im Internet“ – noch einmal nachgelegt:

Bei den Internetsperren gegen Kinderpornografie wenden Sie ein Gesetz nicht an, das Sie als Kanzleramtsminister selbst auf den Weg gebracht haben. > Weiterlesen

Kein Bündnis von ver.di und Industrie

Die heutige Pressekonferenz, zu der ver.di eingeladen hatte (wir berichteten hier und hier), offenbarte, dass ein neues Bündnis der Dienstleistungsgewerkschaft mit den Arbeitgebern wohl in der eigenen Organisationen keinen Rückhalt hat. Heinrich Bleicher-Nagelsmann, der den kurzfristig abgesprungenen stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke vertrat, verlas ein Statement, in welchem er eher allgemeine Grundsätze formulierte. Von Forderungen nach Sanktionsverschärfungen bei Urheberrechtsverletzungen distanzierte sich Bleicher-Nagelsmann auf Nachfrage klar: > Weiterlesen

Bündnis aus Medienindustrie und Gewerkschaften in den USA

Das Internet muss von einem Basar der Diebe in einen sicheren, lichtdurchfluteten Marktplatz verwandelt werden

Nach dem Vorbild der Creative Coalition Campaign in Großbritannien (siehe unseren Bericht und die Meldung auf intro.de) hat sich auch in den USA ein – offenbar noch informelles – Bündnis aus Verbänden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus den Creative Industries gebildet. Ihm gehören an: der Tonträgerverband Recording Industry Association of America (RIAA), der Filmverband Motion Picture Association of America (MPAA), der Musikverlegerverband National Music Publishers’ Association (NMPA), die Gewerkschaft der Regisseure Directors Guild of America (DGA), die Rundfunkgewerkschaft American Federation of Television and Radio Artists (AFTRA), die Gewerkschaft der Bühnenbeschäftigten International Alliance of Theatrical and Stage Employees (IATSE) sowie die Schauspielergewerkschaft Screen Actor’s Guild (SAG). > Weiterlesen

ver.di, die UNI-MEI-Kampagne und das Urheberrecht

ver.di hat auf Fragen von Netzpolitik zum Charakter der umstrittenen Pressekonferenz „Diebstahl geistigen Eigentum im Netz: 5 vor 12 für die Kreativwirtschaft“ (wir berichteten) geantwortet. Demnach – und das ist ausdrücklich zu begrüßen – lehnt die Gewerkschaft Internetsperren für Nutzer oder Webseiten im Falle von Urheberrechtsdelikten ab, weil, so heißt es in der Antwort, damit immer auch die „Gefahr von Zensur“ bestehe.

Dennoch scheinen mit dieser Erklärung nicht alle Probleme behoben, erläutert ver.di doch zugleich, dass die Pressekonferenz im Kontext einer Kampagne der Internationalen Föderation der Gewerkschaften des Medien- und Unterhaltungssektors (UNI-MEI) stehe. Worauf ver.di jedoch nicht hinweist ist, dass Internetsperren Bestandteil des Forderungskatalogs dieser Kampagne sind. Dies geht aus einem im Netz stehenden 2-seitigen Papier „UNI MEI Global Union Campaign Against Digital Theft“ – so der offizielle Titel der Kampagne –, datiert „Brussels, 11 January 2010“, hervor. Darin wird das ganze Horrorszenario von Überwachung der übertragenen Inhalte auf Seiten der Provider über Bandbreitendrosselung bei Urheberrechtsverletzungen bis hin zu Internetsperren für Webseiten und Nutzer aufgeführt: > Weiterlesen

Rechtsfreier Raum Internet: Agenda der Inhalte zu Löschen und Sperren im Netz veröffentlicht

Dem Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) gehören überwiegend so illustre Mitglieder wie der Bund Deutscher Baumschulen (BdB), der Bundesverband der Kantinenpächter e.V. (BdK) oder der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL) an, aber auch der im hiesigen Kontext schon interessantere Bayerische Toto- und Lotto-Verband e.V. Im letzten Jahr war der Verband durch eine Stellungnahme aufgefallen, in der er zusammen mit den Deutschen Kinderschutzbund u.a. das Sperrgesetz Ursula von der Leyens grundsätzlich begrüßte. Nun hat er eine Broschüre „Rechtsverstöße im Internet – Bedrohung für Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft“ vorgelegt. Mit ihr wird eine Art Vermessung des Internet als rechtsfreier Raum vorgenommen. Herausgekommen ist eine Agenda der Inhalte, denen künftig im Netz mit Löschen und Sperren zu begegnen ist – ein Potpourri aus geistigem Eigentum, Glücksspiel, Kinderpornographie und Jugendschutz. Im folgenden wird in Auszügen eine subjektive Zusammenstellung der Broschürenbeiträge gegeben. > Weiterlesen

Medienindustrie holt ver.di ins Boot: Creative Coalition Campaign jetzt auch in Deutschland?

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lädt zum Welttag des geistigen Eigentums – Montag, dem 26. März April 2010 – zusammen mit dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), dem Bundesverband Musikindustrie (BMVI), dem Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD), der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels unter dem Titel „Diebstahl geistigen Eigentum im Netz: 5 vor 12 für die Kreativwirtschaft“ zu einer Pressekonferenz. Sie beginnt bezeichnender Weise um 11:55 Uhr und erfolgt unter Berufung auf die im März 2010 vorgelegte TERA-Studie. Dieser Untersuchung zufolge hat der illegale Download von urheberrechtlich geschützten Werken (Film, Musik, Software, TV-Serien) im Jahre 2008 in Deutschland einen Schaden von 1,2 Mrd. Euro verursacht und damit 34.000 Arbeitsplätze gekostet. > Weiterlesen