DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Archiv für die Kategorie ‘Zensur’

Ausufernde Sperrinfrastruktur

Die Luft für die Befürworter von Internetsperren wird dünner. Dies könnte zumindest meinen, wer die gestrige Anhörung zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages verfolgt hat. Die Mehrzahl der dazu geladenen Sachverständigen ist der Überzeugung, dass das Netzsperrengesetz ebenso wie das Verfahren, nach dem es zur Zeit nicht angewendet wird, verfassungsrechtlich bedenklich sei. Außerdem sei es inhaltlich völlig ungeeignet dafür, Kinderpornographie im Internet effektiv zu bekämpfen und im schlimmsten Falle sogar kontraproduktiv. > Weiterlesen

ver.di: Positionspapier zum Urheberrecht

Bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wird um Positionen in Sachen Urheberrecht gerungen. Das wäre gut, käme einem die Gewerkschaft dabei nicht zunehmend vor wie Brechts Heilige Johanna der Schlachthöfe, nur weniger lernfähig. Das am Freitag bereits bei netzpolitik.org und iRights.info kommentierte Positionspapier zu „Internet und Digitalisierung“ des ver.di-Bundesvorstands ist leider ein Dokument der Ahnungslosigkeit. Man hat sich zwar allerlei Küchenrezepte für die Durchsetzung des Urheberrechts im Internet ausgedacht, es aber anscheinend nicht für nötig befunden, sich zu erkundigen, ob die vorgeschlagenen „Lösungen“ technisch machbar bzw. rechtlich plausibel, also mit Grundsätzen der geltenden Rechtsordnung vereinbar sind. Anders gesagt: Man hat selbst wenig Ahnung gehabt, keine Expertise eingeholt und, so berichten jedenfalls Teilnehmer des internen Mitgliedernetzes, alle entsprechenden Warnungen in den Wind geschlagen. Entsprechend sieht das Ergebnis aus. > Weiterlesen

Vorratsdatenspeicherung: SPD-Innenexperte Wiefelspütz sieht in FDP ein Sicherheitsrisiko

Kaum ist die Öffentlichkeitskampagne von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und BKA-Präsident Jörg Ziercke angelaufen, um die FDP zu einer unverzüglichen Neuregelung der Vorratsspeicherung aller Telekommunikationsdaten zu bewegen – siehe Bericht und Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung –, bläst SPD- Innenexperte Dieter Wiefelspütz ins gleiche Horn. In einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung unterstützt er das Drängen der Union auf rasches Handeln und bezeichnet die FDP als „ein Sicherheitsrisiko“. > Weiterlesen

Stimmungsmache: ver.di-Filmverband operiert weiter mit unseriösen Zahlen

Der BundesFilmVerband (BFV) in ver.di operiert in der aktuellen Ausgabe seines Newsletters (7–8/2010) weiterhin mit den unseriösen Zahlen der TERA-Studie (wir berichteten). Unter dem Titel „Piraten schneller als Gerichte und Politik – viele Arbeitsplätze gehen verloren!“ wird erneut behauptet, durch illegale Downloads gingen in Europa 184.000 Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft verloren, davon 34.000 allein in Deutschland.

Auf diese nicht validierten Zahlen der im Auftrag der Anti-Piraterie-Lobbyinitiative Business Action to Stop Counterfeiting and Piracy (BASCAP) erstellten Studie (Kurzfassung hier, Zahlenangaben auf S. 6) hatte ver.di bereits im April in einem zunächst intendierten Bündnis mit der Medien- und Rechteindustrie zurückgegriffen. Nach heftigen Protesten im Netz musste die Gewerkschaft unter dem Eingeständnis „offenkundiger methodischer Schwächen“ des Zahlenwerks seinerzeit zurückrudern und versicherte, dass Internetsperren im Falle von Urheberrechtsdelikten abzulehnen seien, weil durch sie immer auch die „Gefahr von Zensur“ bestehe. > Weiterlesen

Niemand hat die Absicht, eine Zensurinfrastruktur zu errichten … – Kontroll- und Verwertungsinteressen vs. Gleichheit und Freiheit im Netz

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Bild: „Aaaah“ (Gemeinschaftsproj.) von Quark – www.augensound.de (CC–BY)

Felix von Leitner (Fefes Blog) hat der kürzlich gestarteten Initiative Pro Netzneutralität vorgeworfen, „nicht verstanden [zu] haben, worum es beim Internet geht. Das Internet ist kein Shopping-Kanal. Scheiß auf die ökonomischen Potentiale. Es geht bei Netzneutralität auch nicht um Innovationspotential. Netzneutralität ist die Grundlage für Demokratie, Pluralismus und Meinungsbildung im Internet. Das ist eine viel fundamentalere Sache als irgendwelche wirtschaftlichen Blubberblasen.“ Der Kolonisierung des Netzes durch ökonomische Verwertungsinteressen wird demnach ein konstitutives Primat der Meinungs- und Informationsfreiheit gegenübergestellt. Diesem grundlegenden Verhältnis gilt auch das Interesse des folgenden Beitrags, der im Juni (!) für ein analoges Publikationsorgan geschrieben wurde, dort aber nicht erschien und hier dokumentiert wird. > Weiterlesen

Rede zur Netzpolitik: Ein Innenminister, der Kreide gefressen hat

Am Dienstag hielt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) seine Grundsatzrede zur Netzpolitik. Sie stand unter dem Titel: „Grundlagen für eine gemeinsame Netzpolitik der Zukunft“, und stieß zunächst auch im Netz auf wohlwollende bis positive Berücksichtigung. Das lag sicherlich auch an einer geschickten Öffentlichkeitsarbeit. Unmittelbar nach der Übertragung per Live Stream veröffentlichte das Ministerium lediglich 14 Thesen, die für eine nähere Betrachtung seiner tatsächlichen Aussagen ungeeignet schienen. Die Rede selbst wurde erst gestern von Carta dokumentiert, heute schließlich erschien sie auch auf der Webseite des Ministeriums.

De Maizière skizzierte in einem langen einerseits—andererseits seine Vorstellungen von einem Ordnungsrahmen für das Internet. > Weiterlesen

Löschen statt Sperren: Zum Stand der Regierungsaktivitäten

Max Stadler (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, hat am Mittwoch im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Tagesordnung) des Bundestages über den Stand in der Bekämpfung kinderpornographischer Inhalte im Netz berichtet. Im Koalitionsvertrag (siehe hier) hatten sich die Regierungsfraktionen auf den inzwischen von Teilen der CDU/CSU nachhaltig bestrittenen (wir berichteten) Grundsatz Löschen statt Sperren geeinigt. Die Ergebnisse des Berichts können wie folgt zusammengefasst werden: > Weiterlesen

Ohne Worte: Blog netzpolitik.org ist jugendgefährdend

Das, was der gestern beschlossene Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (wir berichteten) demnächst für alle Blogs und Soziale Netzwerke vorschreibt, nämlich jugendgefährdende (i.e. jugendbeeinträchtigende) Inhalte – oder solche, von denen man nicht weiß, ob sie es sind – per Filtersoftware zu blockieren, ist an einigen Schulen bereits Realität. Ein erstes Opfer dieser Praxis ist netzpolitik.org. Die Filtersoftware „Time for Kids“ – sie kommt an Schulen des Freistaats Bayern zum Einsatz – blockiert den Blog von Markus Beckedahl.

Kommentar: Das ist ohne Worte!

Entscheidung der Ministerpräsidenten: Rundfunkgebühr und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag [Update II]

Morgen kommen die Regierungschefs der Länder in Berlin zur Ministerpräsidentenkonferenz zusammen. Auf der Tagesordnung stehen unter der Rubrik Rundfunkthemen: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Unterzeichnung der Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV). Zwei Themen, die es in sich haben – zwei Themen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit und demokratischer Teilhabe in einem intransparenten Gremium namens Rundfunkkommission der Länder, angegliedert an die Staatskanzleien der Ministerpräsidenten, ausgehandelt wurden. Vorsitzender der Rundfunkkommission und Spiritus Rector für die abzuarbeitenden medienpolitischen Beschlussvorlagen ist der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). > Weiterlesen

SPD-Gesprächskreis fordert Neuverhandlung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages

Der Gesprächskreis Netzpolitik beim SPD-Parteivorstand proklamiert, angesichts des Ausgangs der Landtagswahl in NRW und der Bildung einer Regierungskoalition werde auch über netzpolitische Positionen verhandelt werden. In einem heute veröffentlichten Beschluss vom 10. Mai heißt es, dass damit ebenfalls eine Neuverhandlung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages verbunden sei:

Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag birgt die Gefahr von Zensur in sich. Wir wollen keine Zensuransätze mit unklaren Folgen. Er muss daher neu verhandelt werden.

In seiner Verlautbarung beruft sich der Gesprächskreis auf die netzpolitischen Grundlagen des Landtagswahlprogramms der NRW-SPD. Kurios daran > Weiterlesen