DIGITALE LINKE
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Deutsche Digitale Bibliothek nur eine leere Hülle?

Während Hendrik Werner in der WELT feststellt, dass Deutschland bei der Digitalisierung des Kulturerbes hinterherhinkt, hat die LINKE Bundestagsfraktion mal nachgefragt, ob das so bleiben soll. In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Einrichtung der Deutschen Digitalen Bibliothek“ stellt die Bundesregierung klar, dass sie über die fünf Millionen Euro für den Aufbau und die 1,3 Millionen Euro für den Betrieb keine weiteren Finanzen zur Verfügung stellen wird – weder für die mit etwa 30 Millionen Euro taxierten Mittel zur Pflege von Servern und Datenbanken, noch für die weitaus teurere Erstellung der eigentlichen Inhalte. Sie hat auch bisher keine Übersicht, welche Mittel der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in die Erstellung digitaler Inhalte fließen. Die DFG fördert derzeit mit etwa 16 Millionen Euro (2009) die Erstellung forschungsrelevanter Digitalisate und unterstützt so die Eigeninitiative der Bibliotheken.

Nachbar Frankreich kam mit Digitalisierungszahlen im unteren sechsstelligen Bereich bisher nur mäßig voran. Das ändert sich nun, wie Heise berichtet.  750 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket der Regierung zur Erstellung von eContent sollen das Land zum europäischen Vorreiter in Sachen Digitalisierung machen. Das großzügige Staatsgeld trifft auf die Idee des Kulturministers Mitterrand, Google als privaten Partner zu beteiligen. Diese Public-Private-Partnership scheitert laut Bericht möglicherweise an der Vorstellung des Suchmschinenkonzerns, die dann entstehenden Digitalisate als Exklusiveigentum verwerten zu können. Wie etwa Jeanette Hofmann beschrieb, dürfe genau dies nicht passieren, wenn die Digitalisierungsbemühungen nachhaltig einem verbesserten Zugang zum kulturellen Erbe dienen soll.

Ob auch in Deutschland eine Kooperation mit Google angestrebt wird, ist offen. Zwar erklärt die Bundesregierung, die DDB sei 

in ihrem Kernbestand auf Digitalisate öffentlich-rechtlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen sowie vergleichbarer privater Einrichtungen beschränkt, die für ein hohes Maß an Qualität der bereitgestellten Inhalte bürgen.

Zugleich sei jedoch der Einbezug weiterer Quellen vorgesehen und erwünscht. 

Die Bundesregierung prüfe zudem eine Änderung der Rechtslage bei der digitalen Verbreitung so genannter verwaister Werke. Derzeit würden Stellungnahmen „beteiligter Kreise“ zu möglichen Gesetzesänderungen ausgewertet. Offensichtlich reicht der Bundesregierung nicht, dass die VG Wort mit dem Deutschen Bibliotheksverband, dem Börsenverein des deutschen Buchhandels und weiteren Akteuren eine Übereinkunft zu Entschädigungen an Rechteinhaber vermeintlich verwaister Werke getroffen hat (wir berichteten). 

So solle nach nach einer „sorgfältigen Suche“ nach Rechteinhabern bei deren Nichtauffinden eine Nutzungslizenz am betreffenden, dann verwaist genannten Werk bei der VG Wort erworben werden können. Problematisch ist dabei zunächst, dass die Vergütungsgebühren an die bei der VG Wort registrierten Rechteinhaber ausgeschüttet werden, wenn sich der Rechteinhaber des betreffenden Werks nicht in einem begrenzten Zeitraum meldet. Mit diesem, in kurzer Zeit erstelltem Vergütungsmodell wollten Börsenverein und VG Wort wohl einer gesetzlichen Regelung zuvorkommen. Dass der Bibliotheksverband diesem Modell zugestimmt hat, überrascht, da der Verband sich in seiner Stellungnahme zur Europeana (pdf) für eine europäisch harmonisierte Regelung des Zugangs zu verwaisten Werken ausgesprochen hat und das nationale Vergütungsmodell als nicht rechtssicher für die Bibliotheken bezeichnet. Der Verband schrieb:

In Deutschland wird ein Modell favorisiert, bei dem eine Art Entschädigungsfonds gebildet wird, aus dem mögliche Rechtsverletzungen nachträglich kompensiert werden. Ähnliche Ideen gibt es in anderen Ländern. Ohne eine zusätzliche gesetzgeberische Absicherung bleiben die Akteure aber strafrechtlich verantwortlich für mögliche Rechtsverletzungen.

Auf die Frage, wie die Bundesregierung das deutsche Vergütungsmodell der VG Wort bewertet und ob es aus ihrer Sicht Rechtssicherheit herstelle, antwortet sie ausweichend, dass derzeit ein Regelungsbedarf zum Umgang mit verwaisten Werken geprüft werde. Möglicherweise zieht die Bundesregierung die Einführung einer Schrankenregelung in Erwägung, wie sie vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (pdf) wie auch vom Aktionsbündnis „Urheberrecht in Bildung und Wissenschaft“ (pdf) vorgeschlagen wurde.

2 Kommentare zu “Deutsche Digitale Bibliothek nur eine leere Hülle?”

  1. […] Digitale Bibliothek (DDB) möglicherweise an klammen Länderhaushalten scheitert, haben wir bereits berichtet. Die Zusammenfassung der Anforderungsanalyse (pdf), erstellt durch das federführende Institut […]

  2. […] Auch die Deutsche Digitale Bibliothek, geplanter Ableger der Europeana, kommt nicht in Gang (wir berichteten). Warum, dazu gibt es verschiedene Meinungen. Weil nicht genügend Geld zur Verfügung steht, […]