DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Kultur und Digitaler Binnenmarkt: Erste Ergebnisse einer fortgesetzten Debatte

Der Kulturausschuss hat sich zur Digitalen Binnenmarkts-Strategie verständigt und am 12. November seine Stellungnahme verabschiedet. Wir dokumentieren an dieser Stelle den Beitrag von Martina Michels (MdE), Schattenberichterstatterin der Linksfraktion GUE/NGL.

Digitalisierung hat nicht nur die Arbeits- und Geschäftswelt, sondern die Produktion europäischer Öffentlichkeit, die Herstellung, die Übertragungswege, die Art des Austausches, das Lernen kultureller, politischer und ethischer Wertorientierungen verändert. Die gesellschaftliche und kulturelle Kommunikation entsteht auf der Basis globaler Reichweiten, großer Wissensspeicher sowie neuer Kommunikationsformen in Echtzeit. Deshalb geht es bei der Digitalen Binnenmarkt (DSM)-Strategie, die die Kommission vorgeschlagen hat, nicht allein um Technologien und wirtschaftliche Möglichkeiten, um Geschäftsmodelle, neue Arbeitsplätze und Verbraucherrechte, sondern um die Art, wie wir Lernen, zu Wissen und Weltanschauung im wahrsten Sinne des Wortes kommen, wie wir kommunale Aufgaben verwalten, regieren, Kulturaustausch und Integration bewältigen, ob wir uns diskriminierungsfrei in vielerlei Hinsicht auch im digitalen Netz verhalten. > Weiterlesen

Netzneutralität nach der EU-Verordnung: Ein Vorschlag

Am 27. Oktober 2015 hat das Europäische Parlament den sogenannten Trilog-Kompromiss zur Verordnung zum Telekommunikationsbinnenmarkt gebilligt und die entsprechende Verordnung (.pdf) beschlossen. Ist die Netzneutralität damit tot? Kommt es, wie vom Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG Höttges flux darauf angekündigt, zur Internet- Maut – der Etablierung zweiseitiger Märkte, mit denen die Anbieter von Inhalten gezwungen wären, die Netzbetreiber nicht nur für den Anschluss ans Netz zu bezahlen, sondern auch für die Nutzung der Zugangsnetze?

Nicht unbedingt oder besser: nicht zwangsläufig! Ein genauerer Blick in das Regelungswerk zeigt, dass bei strenger Auslegung zweiseitige Märkte unvereinbar sind mit der EU-Verordnung, die unmittelbare Wirksamkeit in den Mitgliedsstaaten entfaltet und ab dem 30. April 2016 gilt. Gleiches ist für Zero-Rating-Angebote – sprich: spezifische Dienste, deren Nutzung vom monatlichen Datentransfervolumen ausgeklammert wäre – zu konstatieren. Halina Wawzyniak schlägt daher in einem Antrag für den Bundestag vor, die Entscheidung darüber, was Netzneutralität und deren Beschränkung bedeutet, nicht der Bundesnetzagentur als nationale Regulierungsbehörde zu überlassen, sondern dem Gesetzgeber selbst. > Weiterlesen

Bewegung im Umgang mit dem Urhebervertragsrecht

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf zum Urhebervertragsrecht veröffentlicht. Tatsächlich ist das Urhebervertragsrecht wenn es um die Einnahmeseite bei Urheberinnen und Urhebern geht das zentrale Gesetz. Im Urheberrecht gibt es -sehr vereinfacht- drei große Player: (1) Die Urheber/innen. Sie schaffen das kreative Werk. (2) Die Verwerter/innen & Intermediäre. Diese verbreiten das Werk, manchmal (Bücher/Musik) stellen sie es auch her. (3) Die Nutzer/innen. Sie wollen das Werk lesen/hören/sehen. Die Verwertungsrechte werden von den Urheber/innen relativ häufig an Verwerter/innen abgetreten oder übertragen, damit diese das Werk der Urheber/innen verbreiten und/oder herstellen.

Der Referentenentwurf konstatiert, völlig zu Recht, eine gestörte Vertragsparität. Nach dem Referentenentwurf (S. 14) betrug zum Stichtag 1. Januar 2014 das jährliche Durchschnittseinkommen der bei der Künstlersozialkasse aktiv Versicherten rund 15.000 Euro. Als Ursache macht der Referentenentwurf auch aus, „dass Kreative nur in kleiner Zahl in Verbänden und Vereinigungen organisiert sind und deshalb nur über eine schwache kollektive Verhandlungsmacht verfügen“. Das führe zu einer gestörten Vertragsparität und diese führt dazu, „dass sich Kreative nach wie vor teilweise auf Vertragsbedingungen einlassen müssen, mit denen sie alle Rechte am Werk beziehungsweise an ihren Leistungen gegen eine unangemessene Einmalzahlung aus der Hand geben (`Total Buy-Outs`). Hierdurch wird eine faire Beteiligung der Urheber an der Verwertung unterlaufen, insbesondere dann, wenn mehrfache Nutzungen ohne gesonderte Vergütung erfolgen und die Rechtseinräumung die gesamte Schutzdauer umfasst, also nicht selten einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren.“ Der Referentenentwurf hat damit einfach mal Recht. Unter Alternativen aber (S. 18) behauptet der Referentenentwurf: Keine. Das stimmt nun nicht, wie ich nachher noch zeigen werde.

Der Referentenentwurf kommt zu dem Ergebnis: „Buy-Outs sind zwar nicht per se abzulehnen. Insbesondere für die Verwerterseite bringen sie erhebliche Vorteile, weil sie die Kalkulation der Projekte erleichtern und den Aufwand bei der Vertragsdurchführung mindern. Ist die Gegenleistung fair, können Buy-Outs auch aus Sicht der Kreativen akzeptabel sein, wenngleich hierbei die Grundsätze des Urheberrechts –Übertragung von Rechten nur, soweit erforderlich und zeitlich begrenzt, wirtschaftliche Teilhabe an den Erträgen jeder Nutzung– nicht voll zur Entfaltung kommen. Eine Gewähr für einen fairen Buy-Out besteht aber nur, wenn die Bedingungen –vor allem die Honorare– auf Augenhöhe ausgehandelt sind. Dies funktioniert in der Praxis nur im kleinen Sektor des Starbereichs oder aber auf Grundlage von Tarifverträgen bzw. gemeinsamer Vergütungsregeln, bei denen der Verband der Kreativenseite auf Grundlage seiner Verhandlungsmacht eine faire Vergütung durchsetzt.“ > Weiterlesen

„Leute, kauft mehr online…“

Crosspost von DIE LINKE in Europaparlament

Anmerkungen zur Digitalen Binnenmarkt-Strategie (DSM-Strategie) der Europäischen Kommission aus kultur- und bildungspolitischer Perspektive

1. Kleine Vorgeschichte

Am 6. Mai 2015 hat die Kommission eine ehrgeizige Ankündigung veröffentlicht. Sie gilt der Schaffung eines harmonisierten Europäischen digitalen Binnenmarkt und ist damit der Aufschlag für die zweite von zehn strategischen Leitlinien der Kommission bis 2020, die Kommissionspräsident Junker am 15. Juli 2014 unter dem Titel: „Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und demokratischen Wandel“, vorstellte.

Ein wenig erinnern derartig umfassende Ankündigungen an die Dänischen Komödien der Olsenbande aus den 70er/80er Jahren. Man hat einen großen Plan. Doch auf dem Wege kommt ganz sicher so allerhand dazwischen. Für Unterhaltung ist also gesorgt. Die großen Mächte, die Egon Olsen ohnehin immer als Widersacher seiner Pläne im Visier hatte, gibt es in Gestalt solcher Lobbyisten, wie Digital und Business Europe sowie diverse Film- und Musikindustrieversteher ohnehin und die schlafen ganz sicher nicht, wenn in Brüssels EU-Kommission die digitale Welt entdeckt wird.

Die politischen Konfliktfelder sind lange schon beackert:  Endlich, endlich, soll das Urheberrecht dem digitalen Zeitalter anpasst und europäisch harmonisiert werden. Wunderbar. Und ganz sicher brauchen wir (1) mehr Datenschutz für Bürgerinnen und Bürgern, mehr Schutz vor unkontrollierbaren Geheimdiensten und einen funktionierenden Alltag der digitalen Kommunikation und Wirtschaft, der allen zugänglich und dienstbar ist. Und deshalb verteidigen wir die Netzneutralität, damit alle denselben Zugang zu Netzen haben, die längst noch nicht überall verfügbar sind. Eine gute und für alle gleich zugängliche Infrastruktur wird von Bürgerinnen und Bürger, so wie von kleinen Unternehmen, die die weltweite digitale Kommunikation schätzen und nutzen wollen, benötigt, auch auf dem platten Lande und in der abgelegensten Bergregion. > Weiterlesen

Rechtsausschuss stimmt für Vorratsdatenspeicherung

Als Koalition hat man es nicht leicht. Man will eigentlich nur Gesetzesentwürfe schnellst möglichst abstimmen lassen – man hat ja eh die Mehrheit – und dann kommt die Opposition und pocht auf Minderheitenrechte. Heute beriet unter anderem der hauptverantwortliche Ausschuss für Recht und des Bundestages den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Einführung einer Höchstspeicherfrist, so wie die Vorratsdatenspeicherung jetzt heißt.  Wie nicht anders zu erwarten war, wurde dem Widerspruch der LINKEN gegen die viel zu kurzfristige Aufsetzung des Tagesordnungspunktes nicht stattgegeben. Vorher schlossen sich die Grünen diesem Widerspruch an. Es kam also doch zur Diskussion um den Gesetzentwurf, die allerdings keine neuen Argumente hervorbrachte. Noch immer konnten weder Union noch SPD erklären, warum ein derartiger Eingriff in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern überhaupt erforderlich ist. Noch immer konnten Union und SPD keinen einzigen Fall nennen, der in der Vergangenheit nicht aufgeklärt wurde, weil es keine Vorratsdatenspeicherung gab. > Weiterlesen

Koalition peitscht Vorratsdatenspeicherung durch den Bundestag – DIE LINKE wehrt sich

Als Opposition hat man es nicht leicht. Gestaltend tätig zu werden ist so gut wie unmöglich. Immer wieder werden Anträge und Gesetzentwürfe im Plenum und in den Ausschüssen des Bundestages von der Mehrheit der Koalitionsfraktionen weggestimmt. Soweit, so normales parlamentarisches Spiel. Doch auch als Opposition hat man Rechte, die nicht einfach weggestimmt werden können. Ein Recht ist unter anderem, dass der Opposition genügend Zeit eingeräumt wird, um über Gesetzentwürfe und Anträge der Koalition zu entscheiden. Doch immer wieder überrumpeln die Koalitionsfraktionen die Oppositionsfraktionen mit kurzfristigen Aufsetzungen von (Änderungs-)Anträgen und Gesetzentwürfen. Genau das passiert nun wieder – ausgerechnet mit dem höchst umstrittenen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, der offiziell „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ heißt.

Was ist passiert? Heute, exakt 10.19 Uhr, bekamen die Mitglieder des für die Vorratsdatenspeicherung hauptverantwortlichen Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz offiziell die Mitteilung, dass der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung nebst eines Änderungsantrages der Koalitionsfraktionen auf die Tagesordnung der morgigen Ausschusssitzung gesetzt wird. Also nicht einmal 24 Stunden vor der Ausschusssitzung wird den Mitgliedern des Ausschusses mitgeteilt, dass morgen die Vorratsdatenspeicherung diskutiert und beschlossen werden soll. Die Mitglieder eines der vielen mitberatenden Ausschüsse Digitale Agenda bekamen heute  9.23 Uhr diese Mitteilung für ihren Ausschuss und damit immerhin ein wenig mehr als 24 Stunden vor der nächsten Ausschusssitzung morgen 15.00 Uhr. Das muss aus Sicht von Union und SPD deshalb so schnell gehen, weil sie bereits diesen Freitag die Vorratsdatenspeicherung im Plenum des Bundestages diskutieren und beschließen wollen. Die Koalition möchte die Vorratsdatenspeicherung also noch in dieser Woche durch den Bundestag durchpeitschen. > Weiterlesen

Angriff auf die Pressefreiheit: Vorwurf des Landesverrats gegen Netzpolitik.org

Generalbundesanwalt Harald Range ermittelt wegen Landesverrats gegen die Journalisten des Blogs Netzpolitik.org Markus Beckedahl und Andre Meister. Das gaben die beiden Kollegen in einer heute veröffentlichten Stellungnahme bekannt. Wie aus dem dort ebenfalls veröffentlichten Schreiben des Generalbundesanwalts hervorgeht, wurde das Ermittlungsverfahren aufgrund von Strafanzeigen des Bundesamtes für Verfassungsschutz eingeleitet.

Damit wird seit der Spiegel-Affäre von 1962 erstmals wieder gegen Journalisten eines Nachrichtenmagazins wegen angeblichen Landesverrats ermittelt – diesmal gegen solche eines Nachrichtenportals im Netz. Seinerzeit saßen die Rädelsführer des ersten Angriffs auf die Pressefreiheit im Kabinett Adenauer. Damals war es Bundesanwalt Albin Kuhn, der die Ermittlungen führte. Jetzt dürften die Rädelsführer im Kabinett Merkel zu verorten sein, das bereits im November letzten Jahres Strafanzeige gegen unbekannt stellte, weil Medien Details über die Arbeit von deutschen Geheimdiensten veröffentlicht hatten. > Weiterlesen

Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Verleihbarkeit von E-Books schaffen

Zum morgigen Welttag des Buches am 23. April 2015 stellt DIE LINKE im Bundestag den Entwurf eines Antrags zur Verleihbarkeit digitaler Medien zur öffentlichen Debatte. Öffentliche Bibliotheken werden darin rechtlich in die Lage versetzt, E-Books in Entsprechung zu analogen Werken an die Nutzerinnen und Nutzer zu verleihen.

Öffentliche Bibliotheken gehören zu den meistgenutzten Bildungseinrichtungen in Deutschland. Gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen bieten sie eine Möglichkeit des kostengünstigen Zugangs zu Information, Kultur und Wissen. Im 21. Jahrhundert entwickeln sich die Bibliotheken zunehmend zu digitalen Bibliotheken. Bücher erscheinen immer öfter auch als E-Books. Das E-Book unterscheidet sich aber in seiner rechtlichen Stellung erheblich vom gedruckten Buch. Gegenwärtig können Autoren, Verlage oder andere Rechteinhaber allerdings willkürlich entscheiden, ob und zu welchen Konditionen sie Bibliotheken digitale Medien zur Verfügung stellen. Um Öffentliche Bibliotheken zukunftsfähig zu machen und sie in die Lage zu versetzen, ihren Nutzerinnen und Nutzern ein aktuelles E-Book-Angebot anzubieten und diese zu fairen Preis- und Lizenzkonditionen zu erwerben, braucht es dringend eine gesetzliche Klarstellung im Urheberrecht. > Weiterlesen

Die Untoten

Dieter Gorny wird „Beauftragter für kreative und digitale Ökonomie“ im SPD-geführten Bundeswirtschaftsministerium. Das wurde am Mittwoch durch Staatssekretär Rainer Sontowski auf der Kulturkonferenz des Bundesverbands der Musikindustrie (BVMI) in Berlin bekannt gegeben. Sontowski war früher Büroleiter von Sigmar Gabriel (SPD) und gilt als dessen Alter Ego. Gorny sprach auf der Konferenz von der Digitalisierung als leiser Revolution: „Man sieht nichts, denn alles, was passiert, ist unsichtbar.“

Da, so möchte man meinen, wird die digitale Wirtschaft den richtigen Händen übergeben. Gornys Rede ist dennoch interessant. Sie legt Zeugnis ab, wie die Contentindustrie die Ära nach Snowden – mit der nach Gorny die Vorstellung völliger Freiheit im Netz endete – nutzen will, um zusammen mit der Politik die vermeintlichen Kernwerte geistiges Eigentum und Urheberrecht des Netzes zu schützen. > Weiterlesen

Still und heimlich: Bundesregierung will strafrechtliche Verschärfung des Hackerparagraphen

Erst jüngst hat die große Koalition unter Federführung des Bundesministeriums des Inneren den Gesetzentwurf für ein IT-Sicherheitsgesetz vorgelegt. Darin wird dem Bundeskriminalamt (BKA) unter anderem die Zuständigkeit zur Strafverfolgung des Hackerparagraphen (§ 202c StGB) übertragen. Nun legt die Bundesregierung in der Causa erneut nach. Ihrem Willen zufolge soll das Strafmaß für Vergehen gegen § 202c StGB von einem auf zwei Jahre heraufgesetzt werden. Als Omnibus diesmal dient der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption (BT-Drs. 18/4350).

Unter dem Deckmantel Korruptionsbekämpfung findet sich in Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfes die Erhöhung des Strafmaßes. Begründet wird dies mit europarechtlichen Vorgaben. Tatsächlich sieht die Richtlinie über Angriffe auf Informationssysteme und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2005/222/JI des Rates (2013/40/EU) vom 12. August 2013 in Art. 9 Abs. 2 ein Strafmaß von mindestens zwei Jahren vor. Doch ist dies mit dem Zusatz versehen, wenn kein leichter Fall vorliegt. Laut Erwägungsgrund 11 der Richtlinie kann ein Fall beispielsweise dann als leicht eingestuft werden, wenn der durch die Straftat verursachte Schaden und/oder die Gefahr für öffentliche oder private Interessen geringfügig oder so geartet ist, dass die Verhängung einer Strafe innerhalb der gesetzlichen Grenzen oder die Begründung einer strafrechtlichen Verantwortung nicht erforderlich ist. § 202c StGB hingegen unterscheidet nicht zwischen leichten und schweren Fällen. Das ist in Deutschland den Gerichten überlassen. > Weiterlesen