DIGITALE LINKE
— Politik in der digitalen Welt! —

Archiv für November 2013

Kontrolliert von Juristen – Die BND-Rasterfahndungsbilanz im Zehn-Jahres-Vergleich (Teil IV)

Die G 10-Kommission besteht nach § 15 Abs. 1 G 10 aus einem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, drei Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern. Diese werden vom Parlamentarischen Kontrollgremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode bestellt. Ihre Amtszeit endet mit Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr. Sie sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Auch muss es sich nicht um Mitglieder des Bundestages handeln.

Ein Blick auf die aktuelle Zusammensetzung der Kommission zeigt, dass alle Mitglieder, einschließlich der stellvertretenden, männlich und – mit einer Ausnahme: einem Betriebswirt – nach Ausbildungsstand Juristen sind. Zudem besteht eine Art Senioritätsprinzip. Das Durchschnittsalter (Stand: 29.11.2013) der Mitglieder beträgt 73 Jahre. Werden die stellvertretenden Mitglieder – sie besitzen Rede- und Fragerecht, sind aber nicht stimmberechtigt – hinzugerechnet, ergibt sich immer noch ein recht stolzes Durchschnittsalter von fast 68 Jahren. Vorsitzender ist Hans de With (SPD), von 1969 bis 1994 Mitglied des Bundestages und von 1974 bis 1982 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium. Stellvertretender Vorsitzender ist Erwin Marschewski (CDU), von 1983 bis 2005 Mitglied des Bundestages und von 1991 bis 2002 innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. > Weiterlesen

#GroKo: Netzpolitik wird Wirtschaftspolitik

Gestern Abend wurde der Gesamtentwurf zum Koalitionsvertrag (.pdf, Stand: 24.11., 20:00 Uhr) geleakt. Ein Vergleich – hier auf Basis eines Word-Versionenvergleichs (.doc) – des Kapitels „Digitale Agenda“ in der aktuellen Version 3.0 mit jener in der vorangegangenen Version 2.0 zeigt erhebliche Veränderungen. Nicht nur wurde die „Digitale Agenda“ im Umfang eingedampft, sondern auch wesentliche Schwerpunkte thematisch verschoben.

Die Themenfelder Breitband, W-LAN und Netzneutralität finden sich nun unter dem Stichwort „Digitale Infrastruktur“ (Kap. 1.3) des Hauptkapitels „Wachstum, Innovation und Wohlstand“ (Kap. 1). Sie fallen damit dem Wirtschaftsressort zu. Open Data und E-Government werden unter „Moderne Verwaltung“ (Kap. 5.2) des Kapitels „Moderner Staat, innere Sicherheit und Bürgerrechte“ (Kap. 5) erfasst, fallen damit ins Innenressort. Digitale Lehrmittel und Open Access sind dem Bereich „Bildung und Forschung“ (Kap 1.2) subsumiert, so dass sie dem Bildungsministerium zufallen. > Weiterlesen

Koalitionsverhandlungen: Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ streicht Forderung nach Internetausschuss und Internet(staats)minister

Carta hat heute eine aktuellere Version des netzpolitischen Papiers aus den Koalitionsverhandlungen der Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ geleakt. Ein Vergleich – hier in einer Wordversion (.docx) – mit der von uns am Dienstag veröffentlichten Version zeigt, dass eine wesentliche Änderung vorgenommen wurde. Gestrichen wurden sowohl die Forderung nach einem neu einzurichtenden ordentlichen Ausschuss im Bundestag für Internet und digitale Gesellschaft als auch jene nach personeller Verankerung der Netzpolitik mit hohem Stellenwert in der Bundesregierung.

Ein Blick auf die Digitale Agenda einer Großen Koalition

Die Digitale Linke hat das Papier der Unterarbeitsgruppe Digitale Agenda geleakt. Lars Klingbeil wies via Twitter darauf hin, dass es nicht die aktuellste Fassung sei. Da zumindest ich den Unterschied nicht kenne, arbeite ich mich mal am vorliegenden Papier ab. Lars Klingbeil kann ja richtig stellen, wenn von mir kritisierte Passagen weggefallen sind.

Das Papier scheint deutlich fortschrittlicher zu sein, als das was die AG Innen und Justiz erarbeitet hat. Dort heißt es – kommt im Papier der UADA auch vor – u.a.: „Das Strafrecht passen wir – auch durch Abschluss internationaler Übereinkommen – an das digitale Zeitalter an. Wir schließen Schutzlücken und systematisieren die bisher verstreut geregelten datenbezogenen Strafvorschriften. Wir verbessern den strafrechtlichen Schutz von Beleidigungen in sozialen Netzwerken und Internetforen (Cybermobbing), da die Folgen für die vor einer nahezu unbegrenzten Öffentlichkeit diffamierten Opfer besonders gravierend sind.“ (Seite 6/7, Zeilen 193-198) Anpassung des Strafrechts kann hier wohl nur Strafverschärfung heißen, denn Beleidigung bleibt Beleidigung, ob im Netz oder von Angesicht zu Angesicht, und ist bereits strafbar. Natürlich ist Cybermobbing ein Problem, aber mit einer Strafverschärfung kommt man auch nicht weiter, zumal durch diverse Privatsphäreeinstellungen die „nahezu unbegrenzte Öffentlichkeit“ eingeschränkt werden kann. Aber nur weil weniger Öffentlichkeit hergestellt wird, wird die Beleidigung insbesondere für das Opfer ja nicht weniger schlimm. Statt mit Strafverschärfung sollte die Sensibilität im Umgang mit sozialen Netzwerken gestärkt werden. Im Netz wie außerhalb gilt: Beleidigungen muss widersprochen und das Opfer dadurch gestärkt werden. Eine Strafverschärfung ist nicht notwendig. > Weiterlesen

Digitale Linke veröffentlicht Vorlage zur Netzpolitik aus den Koalitionsverhandlungen

SPD und Union treffen sich heute in großer Runde zu weiteren Koalitionsverhandlungen. Bei dem Treffen steht unter anderem eine Vorlage aus der Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ auf der Tagesordnung. Diese steht unter dem Titel: „Digitale Agenda für Deutschland 2013-2017: Chancen für eine starke Wirtschaft, gerechte Bildung und ein freies und sicheres Internet“. Sie wird hier aus gegebenem Anlass veröffentlicht.

20 Prozent von allem – Die BND-Rasterfahndungsbilanz im Zehn-Jahres-Vergleich (Teil III)

Die Einführung der 20-Prozent-Regelung erfolgte mit der Novellierung des G 10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 – also noch vor den für weitere Gesetzesverschärfungen folgenreichen Ereignissen vom 11. September. Der Überarbeitung vorausgegangen war die bereits genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999. Durch sie wurde der Gesetzgeber verpflichtet, das G 10 in Teilen nachzubessern. Das geschah auch: Zu den Nachbesserungen allerdings traten Erweiterungen, die über den Regelungsauftrag des Gerichts hinausgingen. Hierzu zählte die neu aufgenommene 20-Prozent-Grenze. Diese war das Resultat einer einfachen wie beflissentlichen Addition. Doch der Reihe nach:

Seinerzeit hatte das Bundesverfassungsgericht positiv vermerkt, dass die strategische Fernmeldekontrolle – entsprechend der damals geltenden Gesetzeslage – auf den internationalen nicht leitungsgebunden Telekommunikationsverkehr (Richtfunk und Satellit) begrenzt war und dessen quantitativer Anteil „etwa zehn Prozent des gesamten Fernmeldeaufkommens“ betrug. Da die Leitwegebestimmung nach Kapazität und Auslastung automatisch erfolge, so das Gericht weiter, könne zudem weder von den Kommunikationsteilnehmern noch vom BND vorhergesehen werden, ob ein Kommunikationsvorgang leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden verlaufe. Ergo sei „eine flächendeckende Erfassung jedenfalls des internationalen Fernmeldeverkehrs nicht zu besorgen“ – daher eine tatsächlich Erfassung individueller Kommunikationsverkehre mit dem Ausland „nur selten der Fall“. (1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95, Rz. 222/223) > Weiterlesen

Niemand hat die Absicht …

… die bei der Erhebung der LKW-Maut anfallenden Daten für andere Zwecke als die Abrechnung der LKW-Maut zu nutzen. So hieß es bei der Einführung der LKW-Maut. Streng zweckgebunden sollte alles sein und deshalb wurde die Zweckbindung auch in das Gesetz geschrieben. Die Beruhigungsstrategie half.

Nun meldet Spiegel Online, dass Noch-Innenminister Friedrich die Sicherheitsbehörden auf die Datensätze aus dem Mautsystem zugreifen lassen möchte. Wer Friedrich kennt, der wird wenig überrascht sein. Friedrich spricht aus, was seit Einführung der LKW-Maut immer wieder gefordert wurde.

Die Begründung für den gewünschten Zugriff ist so einfach wie bescheuert. Durch den fehlenden Zugriff auf die Datensätze aus dem Mautsystem „haben Sicherheitsbehörden auch zur Aufklärung von Kapitalverbrechen oder zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben keinen Zugriff.“

Do you remember? Diese Begründung muss immer herhalten, wenn neue Überwachungssysteme nach der Devise: „was technisch möglich ist, wollen wir auch machen“, eingesetzt werden sollen. Die Argumentation mit den Kapitalverbrechen kennen wir schon aus der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung. Angesichts der Tatsache, dass die Maut derzeit nur für LKW gilt, muss die Forderung nach Einführung einer PKW-Maut auch noch einmal unter dem Überwachsungs-Aspekt gesehen werden. > Weiterlesen

Zeitreisen: Ströbele trifft Snowden, aber nicht sich selbst

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele hat sich, wie tageschau.de berichtet, in Moskau mit Edward Snowden getroffen. Thema des Gesprächs war ein möglicher Untersuchungsausschuss des Bundestags zur NSA-Abhöraffäre. Ströbele schilderte Snowden demnach auch die Möglichkeiten, unter freiem Geleit nach Deutschland kommen zu können. Zuletzt hatte in diesem Zusammenhang Die Welt über ein von der Linksfraktion – richtig: von einem Abgeordneten der Fraktion – in Auftrag gegebenes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages berichtet, nach dem dies grundsätzlich möglich wäre.

Snowden allerdings hat bei der Zusammenkunft allem Anschein nach kein großes Interesse daran gezeigt, nach Deutschland zu reisen. Davon dürfte ihm auch dringend abzuraten sein. Erinnert sei nur an die Vorkommnisse im Rahmen der Flugreise von Boliviens Präsident Evo Morales Anfang Juli 2013. Auf dem Rückflug von Moskau nach La Paz wurde dessen Maschine unter dem von US-Behörden geäußerten Verdacht, Snowden sei an Bord, von mehreren europäischen Ländern die Überflugrechte verweigert. Zu einer Landung in Wien gezwungen, soll es dort dann mehr oder minder freiwillig zu einer Durchsuchung der Maschine gekommen sein. > Weiterlesen